Samstag, Februar 28, 2009

right time, wrong place: this city shows me, owns me, undecided.

eine woche urlaub und nicht viel anderes gemacht als gearbeitet, fantastisch. an so einer kurzen und knappen existenzzumutung ändert alle poesie und prosa der welt nichts. obwohl: immer noch jedem wärmstens ans herz legen möchte ich maxim billers kurzgeschichtensammlung "der perfekte roman". zum einlesen empfiehlt sich auch das fantastische interview "ich langweile mich zu tode in diesem land". geht mir manchmal ähnlich, auch wenn ich immer wieder mal meine heimatidentität in mir entdecke und mich dann gerne als... lassen wir das. eine informative myspace-seite hat er im übrigen auch.
hcc haben letztes wochenende ein wunderbares konzert in der landeshauptstadt gespielt. wunderbar, weil die atmosphäre angenehm entspannt war, der veranstalter, bernd von red.can, sich als überaus amüsanter und gewitzter gesprächspartner und toller organisator gezeigt hat und es eine durch und durch freundschaftliche nacht wurde. stefan von gott und die welt war ebenfalls anwesend und hat für ein portfolio den ganzen abend bilder von uns geknipst. die gesamte fotostrecke demnächst hier, vielleicht. ich mag dieses münchen, das biller im übrigen sehr liebt und hasst.
heute abend spielt das herecomesconfusion auf dem kunstverein-soli-wochenende. gestern abend sind wir als band lange zusammengesessen und haben überlegt, was uns eigentlich am kunstverein liegt, mussten dabei herausfinden: so viel ist es gar nicht. das meiste sind erinnerungen, das meiste ist gut finden aber selbst schon ganz woanders angekommen sein. trotzdem hat der kv für jeden von uns ganz individuelle integrationsmomente. sei es, dass man mit anfang zwanzig ein paar konzerte dort veranstaltet hat, endlich mal mit der eigenen band spielen konnte, menschen kennengelernt hat und, nun ja: irgendwo dadurch erwachsen, gebildet geworden ist. der kv hat uns auch zu vielen der schönen missbildungen verholfen, die uns immer noch an etwas anderes glauben lassen, auch wenn dieses numinose "andere" für mich selbst nicht unbedingt im kv stattfindet; dafür ist mir das schon lange too much schwarzekapuzenfraktion.
im anschluß an die debatte haben wir das set für heute abend zusammengestellt und gespielt und dabei ein bisschen die magie gespürt, die vom letzten wochenende und die schwere der ganzen erinnerungen.
at the drive-in turnen an der decke herum, damals im kv.
dälek machen die nacht noch schwärzer, damals im kv.
total chaos begraben das letzte bisschen relevanz in punk, damals im kv.
trend machen klar, was wirklch relevant ist, damals im kv.
was wichtig sein kann, wenn man es sich nur klar macht.

nein, nicht kv. aber amüsant.

Mittwoch, Februar 18, 2009

still we are dancing around a fire of desires.

urlaub ab morgen. aber hier schneit sich alles ein.
ich bekomme ein wenig angst, dass ich hier nie wieder weg komme.
gerade sehe ich mir eine von diesen soaps an, von denen das vorabendfernsehen zugekackt ist. einige der "schauspieler" spielen eine szene auf einem maskenball. und sie spielen wirklich erstaunlich gut. vielleicht sollten sie immer mit masken spielen, denke ich mir. das wirkt echter, nicht so hölzern. griechisch. andererseits spielen diese schauspieler immer sehr echt. die illusion einer vorgegaukelten wirklichkeit kommt nicht auf. und ehrlich: die meisten menschlichen beziehungen laufen inzwischen sowieso auf soap-ebene.
dann pause. werbeblock. das tv-event des jahres, oder des wochenendes. echo-verleihung. was war das noch, als tocotronic damals (das ist zwölf jahre her) den comet in der kategorie "jung und deutsch" oder so abgelehnt haben.
wann hat es eigentlich angefangen, dass es in diesem land nur noch solche kategorien gab? immer wieder, wahl zwischen "banal" und "pathetisch", völlig geschmacklos in der kombination, schwarzrotgoldener geschichtsloser unsinn. ich lese gerade wieder maxim biller. ich befürchte, dass die deutschen schon mindestens seit meiner geburt dreimal so lange pathetische banalitäten zwischen großreichfantasien und chauvinismus und antideutschem eskapismus und fernsehen ausgetauscht haben. ich habe gestern erfahren, dass ich ein aktives npd-mitglied unterrichte.

Mittwoch, Februar 11, 2009

thank dog for white doves and white sinks.

gerade nach etwas anderem gesucht, und einen kleinen artikel gefunden, den ich eigentlich für ein zine des musikvereins im letzten sommer schreiben sollte oder wollte. weiß gar nicht, warum ich den nicht abgegeben habe. weihrauch, weihrauch.

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Vom Musikverein sprechen, das bedeutet unweigerlich…unweigerlich. Nein. Anders anfangen. Das war damals so. Das kann ich am besten. Von damals sprechen. Geschichten erzählen. Geschichte machen. Da war ich ungefähr 20, als ich das erste Mal dachte: „Eigentlich müsste ich hier wohnen.“ Stattliche Säulen, ein großer Treppenaufgang, der Geschmack von Geschichte an jeder Ecke. Das wurde nicht in einem Tag gebaut. Und es steht auch nicht erst seit gestern. Und die Musik, die von da vorne kommt, ist verdammt laut. Gut so. Ich saß auf dem linken Treppenaufgang und beobachtete die Menschen um mich herum. Mitbewohner. Und rauchte eine Zigarette, damals war das noch möglich und innerhalb von öffentlichen Gebäuden kein subversiver Akt. Aber kann man in öffentlichen Gebäuden wohnen, ohne subversiv zu sein? Die anderen hundert und ich.

Kurze Pause zwischen einer Band und der nächsten. Plötzlich stehen Q And Not U da auf dieser Bühne.

Dann vergingen ein paar Jahre. Kurz danach begann ich, im Musikverein mitzumachen. Konzerte veranstalten, persönliche Krisen bewältigen, denn wir sind ja gerade Anfang Zwanzig, Theke machen, oft genug als Letzter rauskommen, die Sonne scheint, hungrig nach mehr, eine Tube Senf am Bahnhof essen, riesige Partyabende planen, sackschwere Mischpulte transportieren, soundsoviele Menschen aus soundso vielen Ländern kennenlernen. Da fällt mir ein…The Wives haben da mal im Musikverein gespielt. Heute heißen die No Age. Und dieser eine Typ, Randy, steht – klar, damals – mitten in der Nacht vor mir und erzählt, wie geil das ist, die Eryträer, und du, mann; man ist auf Tour und lernt all diese verschiedenen Menschen kennen, mit ihren verschiedenen Eigenheiten und Ansichten, und man lernt so vieles mehr als an irgendeinem anderen Ort, für den Ort in einem selbst. Um sich selbst zu verorten.

Whiskey trinken mit Ted Leo.

Schlechte Witze mit den Hot Snakes.

Kein Wort wechseln mit TV On The Radio.

Kinkerlitzchen, Angebereien, Ego-Putzing und Egos kollektivieren.

Inzwischen bin ich seit zwei Jahren raus aus dem Verein. Weil das richtige Leben zugeschlagen hat, weil ich alt wurde und das Geld brauchte. In einem Monat muss ich erstmal auf unbestimmte Zeit in die Oberpfalz ziehen, weil das jetzt von mir verlangt wird. Was mich sehr an Nürnberg hält, was mich immer wieder daran scheitern lässt, das ist der Musikverein. Als emopunk.net noch emopunk.de hieß und über „Emo“ noch keine traurigen Berichte in „RTL Explosiv“ kamen, sondern sich Arlie Carstens von Juno und Jessica Hopper prophetisch über das, was mal kommen mag, ausgelassen haben, da war ich im MV. Und ein Freund fragte mich auf ebenjener Website, warum ich mich so sehr über diesen Verein identifiziere. Und ich? Ich hab ihn gefragt: Warum denn nicht?

Ich bin gerade nach gefühlten neunhundert Stunden Thekendienst auf Bucovina Club an meinem Tiefpunkt angekommen. Habe unzählig viele Vodkas ausgeschenkt an Typen, die ich hoffe, nie wieder sehen zu müssen. Die Party ist aus, geht alle nach Hause. Alle gehen. Einer schleicht sich wieder rein, steht morgens um halb sechs wieder vor uns, dem erschöpften, aber restlos glücklichen Thekenpersonal. Und er will seinen einen Oiro Pfand zurück. Ich erkläre ihm, dass jetzt Schicht ist. Er erklärt mir, dass er gleich wirklich Schicht macht, hier. Millisekunden Blicke austauschen. Dann werfen wir ihn gemeinsam raus. Eine halbe Stunde später steht er am Anfang des Treppenaufgangs, schmettert seine Bierflasche gegen die Wand und steht da mit seinem abgebrochenen Flaschenhals, krakeelt nach seinem Pfand. Das schlimmste: Montag seh ich den Typ wieder in der Uni.

Und ich zog endgültig ein. In kein öffentliches Gebäude, nicht in die Königstr. 93. Aber die Treppen und das Licht und die Menschen, die sich dazwischen bewegten, die wurden eine Zweitfamilie für mich.

Vom Musikverein sprechen, das heißt über die beste Zeit meines Lebens zu sprechen. Zumindest könnte ich das behaupten und es würde sich gar nicht so verkehrt anhören. Aber mal ehrlich, auch wenn es tierisch nervt, der Vergangenheit Denkmäler zu bauen: Dafür hab ich mal mein Studium saußen lassen, dafür wurde ich durch mindestens zwei Depressionen geschleust. Ich weiß gar nicht, was ich über diesen verdammten Verein schreiben soll. Das ist so, als müsste ich über die Haare an meinem rechten Bein schreiben. Die waren halt schon immer da.

(Inzwischen stehe ich ja nur noch vor der Theke. Kauf mir ein Bier, geh zum Rauchen brav vor die Tür und mag auf viele Veranstaltungen gar nicht mehr gehen, weil ich vieles von dem, was da passiert, nicht mehr verstehe und nicht mehr gut finde. Aber das ist gar nicht so wichtig und eine andere Geschichte.)

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in other news habe ich echt erst letztes wochenende last.fm für mich entdeckt und bin schier überwältigt.

Montag, Februar 09, 2009

in the absence of truth.

bestimmt ungefähr mindestens drei uhr, nachts, samstags, würzburg-grombühl. ein betrunkener, wütender mann schlägt eine gläserne haustür ein und brüllt die ihn beobachtenden menschen mit geiferndem hass an. bis die an der tür ankommen, ist er weg, aber fragen stehen im raum.
nicht allzu sehr nach dem warum, es waren schließlich keine sozialpädagogen anwesend.
letzte woche, als ich mir vom nürnberger wochenendnotdienst meine halsentzündung diagnostizieren ließ, saß ich kurz darauf in der u-bahn. ein kleiner junge schwingt sich freudestrahlend um eine stange herum, seine mutter lächelt ihn an. den beiden gegenüber positioniert sitzt ein herr, der aussieht wie harry rowohlt, wenn der mal wütend wäre. aber immer noch freundlich. auf einmal knickst der junge um und sagt: "aua." das rowohlt-generikum hustet nun lautstark los: "ein mann kennt keinen schmerz, los, sag das!" ein mann kennt keinen schmerz.
die gestellte frage war eher die nach dem unterschied zwischen krankheit und normalität.
ein mann kennt keinen schmerz und kann deswegen manchmal nachts türen einschlagen. denn nur schmerzen machen krank.
die mediziner, alle anwesend, waren sich nicht so recht einig. die beste annäherung kam dann doch wieder aus der geschichte der kunst: krankheit und norm bedingen sich gegenseitig. aber mal ehrlich: krankheit kann die norm erziehen.
oh look! ein lächelnder koffer!

Dienstag, Februar 03, 2009

the tragedy of being.

schnappschüsse aus der letzten zeit. aus einer woche krankgschriebensein und zuvor.
das leben ist gut. es hat mir eine schwere seitenstrang-angina verpasst und mich für eine ganze woche krankgeschrieben. so verbringe ich meine tage damit, abwechselnd viel zu schlafen, ein paar schulaufgaben zu korrigieren und mich tatsächlich zu rekreieren und zu rearrangieren. nebenbei entdecke ich max goldt für mich. seit jahren, ja schon seit jugendjahren ist mir der name ein begriff, aber irgendwann, mit anfang 20, da hatte ich beschlossen, dass es wohl zu spät sei, mich jetzt noch mit goldt anzufreunden. und just dieser tage bin ich in eines seiner letzten bücher hineingestolpert und fühle mich extrem wohl - wie auch anders möglich bei sätzen wie diesem: „Wichtiger wäre es, Regeln darüber zu verbreiten, wie man sich ohne karrieristische Hintergedanken gegenüber den Menschen des eigenen Milieus verhält. Wie man jemanden etwas fragt, ohne ihn auszufragen, wie man kritisiert, ohne zu schmähen, und ob man genervt sein darf, wenn einem in der U-Bahn der Sitznachbar in die Zeitung schaut – alles Angelegenheiten, bei denen Beratung nicht schaden kann.“ das ist zumindest besser als die aufsätze, die ich noch zu korrigieren habe.
hier gibts übrigens ein livekonzert von daniel higgs, 30 minuten solo harmonium-impro live über ein telefon eingespielt.