Sonntag, Dezember 27, 2009

peace patterns.

kurz nach weihnachten das dezember-mixtape. ich bin momentan stark erkältet und bettlägerig, aber das soll einen ja nicht vom arbeiten abhalten...

#12_peace patterns

#1. zomes - sentient beings
wowee zowee! das neue projekt von asa osbourne, dem lungfish-gitarristen. album ist auf black mountain erschienen, die ja auch schon das ein oder andere kleinod von daniel higgs herausgebracht haben. überraschungen gibt es hier kaum: warme, positiv gestimmte gitarren-repetitionen en masse, aufgenommen zu hause über ein radiogerät. hat lo-fi-charme und ließ mich zu anfang ziemlich kalt. aber wie so oft bei musik aus dem lungfish-dunstkreis: dauert ein weilchen. so einfach das grundrezept oftmals ist, die songideen, kritzeleien - mehr ist es ja oftmals nicht - sind verdammt deep, fräsen sich ein und fordern immer wieder zum erneuten hören auf. titel des tapes übrigens natürlich auch von herrn osbourne.

#2. les savy fav - brace yourself
vom letzten album, textlich natürlich nahe an lungfish-metaphorik dran. "before i was a word / i was a sound". trés hippiesk, dieses stück, und ich weiß noch, wie schrecklich ich das album nach dem ersten hören fand. achtziger- und neunziger-klischees, lauwarm in sterilem sound aufgenommen, pfui, wo waren die alten noisepophits? mit der zeit haben sich die hits dann aber doch herausgeschält, zwar ohne noise, dafür waren es aber ganz schön viele. mir fällt gerade nur eine andere band ein, die die kurve zwischen kitsch und kolossalen pop-perlen so gut hinbekommt: robocop kraus. übrigens auch spannend, wie ähnlich sich die letzten outputs beider bands sind, und wie konsequent und eigenständig das wirkt, auch nachdem der zahn der zeit davon abgebissen hat. einerseits sind das gute songs, aber die werden zumeist auch von einer gemeinsamen idee zusammengehalten, sind nicht zufällig gerade so arrangiert oder den aktuellen hörgewohnheiten angepasst. wahrscheinlich ist eine solche idee mitunter das, was eine band vor dem belanglos werden und den wiederholungen bewahrt.

#3. tamaryn - mild confusion
der zahn der zeit...hier ein neues stück von siouxsie and the... nein, qutasch. aber fast. ein duo aus san francisco und new york, im mittelpunkt die sehr charismatische sängerin tamaryn, mit sehr shoegazigem sound. und ein einfach nur ganz großer wurf, mit der endachtziger basslinie und dem ätherisch-verhallten, betörenden gesang. mein absoluter dezember-rettungssong. fast jedes wochenende bin ich des nachts nach hause geradelt und habe mild confusion gehört und geatmet. die band hat dieser tage auch eine tolle ep auf troubleman unlimited rausgebracht.

#4. my bloody valentine - loomer
konsequent, danach mbv aufs tape zu packen, klar. diese gitarrenwände und zuckermelodien, ach, mir wird warm ums herzel. rené margraff hat mich seinerzeit mit mbv angefixt, als er ein wunderschönes review in der klassiker-rubrik des yot, des alten zines des musikvereins nürnberg, über die band geschrieben hatte. gibt es das yot eigentlich noch irgendwo zum download? als ich damals nach nürnberg kam, hat mich das yot ja eigentlich vollständig sozialisiert. würde es sowas doch wieder geben, ja ja ja.
a propos herr margraff: der hat ein wahnsinnig tolles neues projekt am start, two people in a room, ein duo, wie der name vermuten lässt, benannt nach einem wire-song. der link findet sich bei einem anderen blogeintrag weiter unten...

#5. sonic youth - youth against fascism
neunziger-huldigung die x-te. ja, die neunziger stehen bei mir gerade hoch im kurs. hängt vielleicht mit dem dreißigsten geburtstag zusammen. dieser song hat aber einen anderen bezugspunkt. diesen monat haben linke aktivisten jedes wochenende den tönsberg-laden in nürnberg belagert, um der nazibande das weihnachtsgeschäft zu vermiesen. so habe auch ich diesen monat das erste mal seit längerem wieder echte nazis gesehen. sie sehen anders aus als früher, man erkennt sie kaum noch, sehen aus wie hiphopper mit glatzen und dauerkarte fürs sonnenstudio. perverse zeiten. der "song i hate", weil man ihn gar nicht hören möchte, leider nach über 15 jahren trotzdem passend.

#6. eniac - we did things!
und was haben wir nicht alles für dinge getan. das beste: we invented love but didn't tell. eniac kamen aus hamburg, waren anfang der "nullerjahre" (yeah, auch ich reihe mich ein in den reigen der dekadenrückblicker!) mit die speerspitze des noiserock hierzulande, neben kurt und konsorten. 2006 die auflösung, ab und an reuniongeschichten für gute freunde und zwecke. der song kommt vom letzten album "oh?"; eine nürnberger band hat übrigens nicht umsonst ihrem album einen ähnlich lautenden namen gegeben. jedenfalls befinden sich auf "oh?" so viele großartige songs, teils in deutsch, teils in englisch gesungen, mit so vielsagenden titeln wie "superfriends are made of gold", "sex kaputt" oder "die exektiuve lässt sich nicht zweimal bitten". wo sind eigentlich heute die bands, die so einen sound machen? ist das gerade unzeitgemäß? ich vermisse das, wirklich. diese shows hatten eine ganz eigene statik, eine schwer beschreibbare atmosphäre. man hatte immer ein wenig das gefühl, an einer verschwörung teilzunehmen, prostete sich schüchtern zu und schwitzte all den schlecht riechenden alltag heraus. ich werde sentimental.

#7. yellow swans - our oases
die haben mich erst so richtig diesem drone-ding näher gebracht. ein duo aus portland, das es seit letztem jahr auch nicht mehr gibt. sie hatten einen ouput von weit mehr als 40 alben zwischen 2002 und ihrem ende, von dem bisschen, das mir bekannt ist, ist manches beinahe gänzlich unanhörbar, dann finden sich aber wieder so große "kompositionen" wie dieser song von meinem lieblingsalbum "at all ends", welches auch ihr letztes werk war. kam auf load raus, ich weiß nicht, ob es heute noch vertrieben wird. ist aber eines der besten drone-alben ever für mich.

#8. happiness - the c.i.a.
happiness aus schweden sah ich vergangenen sommer im biergarten des ex-komms zu nürnberg, und sie haben mich ganz schön verzaubert. schöner pop, der seinen hut vor den achtzigern zieht, ohne sich nur auf den effekt dieser ästhetik zu beschränken. tolles songwritig zwischen ultravox, talk talk und xiu xiu, in einer freundlicheren variante.

#9. fugazi -suggestion
was habe ich diesem song nicht alles zu verdanken? das war mein erstkontakt mit fugazi, mein erstkontakt mit einem anderen blick auf die welt, wie ich inzwischen feststellen muss. ein song, gesungen von so lauten hardcore-typen, aber erzählt aus der sicht einer frau. ich glaube, das war einer der ersten momente, in denen ich meine geschlechtsrolle aktiv hinterfragt habe.
gegen ende habe ich ein zentrales wort herausgeschnitten, das eigentlich wichtig gewesen wäre: "we are all here..." sing ian mackaye da, "...guilty".
nebenbei bemerkt ist das wohl auch mein fugazi-lieblingslied. und als ich vergangenen monat über deren erste platte, von der dieser song kommt, stolperte, fragte ich mich wieder einmal: darf man fugazi eigentlich covern? manchmal habe ich angst, dass das wissen um diese songs einfach verloren geht.

#10. mike ladd & vijay iyer - the color of my circumference I
plötzlich kommt ein päckchen mit der post. herr müller schreibt. habe beim umzug ein bisschen ausgemistet, musste an dich denken.
danke, martin. das album, von dem dieser song stammt, "in what language", ist ein konzeptalbum, das sich um flughäfen dreht, allerdings nicht diese "music for airports"-chose, sondern basierend auf der geschichte eines iranischen regisseurs, der bereits in der vor-9/11-welt ohne grund an einem amerikanischen flughafen inhaftiert und zu seinem ausgangspunkt zurückgesendet wurde; und das, obwohl er nur auf der durchreise war. "i'm not a thief! i'm not a murderer! i am just an iranian, a filmmaker. but how could i tell this, in what language?"

#11. die goldenen zitronen - fin de millénaire
"sie zweifelten an der tatsache, dass der ellenbogen des menschen wichtigstes glied ist."
13 jahre alt, no joke. wiederholen sich die zitronen, oder sind sie einfach nur ganz weit außenstehend und ziehen eben ihr ganz eigenes ding durch? ich stimme für zweiteres. hier ein song mit beinahe weissagerischen qualitäten. ich vermag mich nicht mehr so gut zu erinnern, aber 1996 war vieles von dem, was schorsch kamerun da singt, noch nicht realität.
im dezember habe ich übrigens die zitronen zum ersten mal live gesehen. und bin noch immer schwer von den eindrücken der show eingenommen. außerdem habe ich mich ein wenig in ted gaier verguckt.

#12. die türen - ehrliche arbeit
wurde von mir in den letzten monaten so oft gehört, die türen. da ich bald selbst zum arbeitsamt gehen muss, berührt mich dieser song natürlich besonders stark.

#13. at the drive-in - ebroglio
über das erste atdi-album redet immer kaum jemand, dabei sind dort einige ihrer besten songs versammelt. ganz ungestüm sind sie da noch. das hat meine vorstellung von "emo" damals ganz schön nachhaltig geprägt, zumal dieser song um den tod eines freundes. i had a friend whose heart was too heavy to hold.

#14. hildur gudnadottir - erupting light
von hildur gudnadottir kenne ich nur diesen einzigen song bisher, auf den ich durch den schwarzen salon-blog gestoßen bin. wikipedia lehrt mich, dass die junge isländerin schon mit throbbing gristle zusammengearbeitet, zwei soloalben veröffentlicht hat und mit animal collective auf tour war. klingt spannend. weitere infos über sie und ihr projekt mit dem ganz tollen namen "lost in hildurness" gibts hier.

#15. woven hand - sparrow falls
"...hang my tobacco hands from a bane..." ach ja. klischee galore. das fehlende bindeglied zwischen zwei bands, die ich beide gerne in den vergangenen wochen gesehen hätte, aber leider verpassen musste: new model army, wegen des pathetischen gothic-folks, und black heart procession, wegen des selben. nur in...besser? das ist komisch. alle drei bands klingen so unheimlich ähnlich, zwar eigen, aber reiten dennoch auf der selben grundstimmung. und trotzdem nehme ich es den einen mehr ab als den anderen. mag daran liegen, dass woven hand trotz des sehr schönen und vielsagendem namen gerne über ringe singen und textzeilen wie "brother, brother, where is my country?" mir immer ein wenig suspekt erscheinen.

#16. against me! - sink, florida, sink
folk ohne landespathos hatten against me! schon immer ganz gut drauf. dagegen haben sie zugleich aber pathos an sich in sehr großen lettern geschrieben. ehrlicherweise mag ich nur ihr zweites album "as the eternal cowboy". das erste ist gut, aber schlecht gemischt, alles danach nähert sich immer stärker diesem bruce springsteen-konsens an, der mich momentan sowieso ein wenig überrascht. auch ich habe springsteen-platten. das rührt daher, dass ich ihn ob black flag-sozialisation immer für einen nationalistischen hinterwäldler hielt und erst in den letzten jahren sowohl die sozialkritischen aspekte - die auch nicht pathetischer als bei a.m. sind - wie auch seine besondere art, geschichten zu erzählen schätzen lernte. für hardcore-jungs, die sich zu songs vom "boss" um den hals fallen, habe ich trotzdem wenig verständnis, genauso wenig wie für fanchöre bei against me!-shows.

#17. disappears - hearing things
kommen aus chicago, joan of arc-umfeld, im januar gibt's das erste album auf kranky. tremologeschwängerter psychedelicrock mit groß geschriebener punk-kante. besonders an diesem song: ich bin mir sicher, sie haben da ganz bewusst bei einer anderen chicagoer band geklaut. das eingängige gitarrenriff stammt eindeutig aus dem naked raygun-song "giveaway", den ich allerdings nicht mehr im tape verwursten wollte, dafür gibt's ihn zum vergleich hier zu hören.
auf ihrem blog haben die disappears noch ein paar schöne downlaods, allerdings nicht den überhit "guider". den gibts nur auf myspace und auf dem tollen "don't mind control"-sampler, zusammengestellt von joan of arc :)

#18. blue ribbon glee club - spanish bombs
nochmal chicago. und ich bin immer noch sauer. vor über anderthalb jahren habe ich hier mal dazu aufgerufen, einen solchen chor auch in nürnberg zu gründen. wie schön wäre es immer noch, auf demos oder bei spontanaktionen einfach zusammenzuströmen und a capella druck zu machen...? fugazis "suggestion" zum beispiel. kein stress mit equipment, trotzdem laut und auffällig. das vielleicht schonmal als keine agenda für 2010.