Sonntag, April 22, 2007

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manchmal fällt es mir schwer, zu fassen, was geschieht. die nuancen all der millionen kleinen partikel des erlebten zu erfassen, wirklich zu wissen, was geschieht, was mit einem selbst dabei geschieht. die letzten paar stunden saß ich auf einer bank vor dem staatstheater und habe einer aluminium-installation, die einen baum darstellen soll, dabei zugesehen, wie sich ihre aluminium-äste, die wie storchschnäbel aussahen, im wind bewegt haben, langsam, der ganze raum außenrum leer gefegt.
was ich manchmal in drei tagen erlebe, ist vielleicht mehr, als anderen in einem ganz jahr passiert. innerlich wie äußerlich, als akteur oder beobachter, die grenzen immer schwellen, immer kurz vor dem kippen. kategorien wie gut oder schlecht dürfen das nicht fassen.
vor drei tagen haben here comes conclusion noch in bamberg gespielt, hitze, schweiß, lautstärke, alles in allem eine sehr körperliche, sehr heftige erfahrung. mitten im set springe ich irgendwie grundlos in die höhe, in mir platzt was, an mir auch: der schritt meiner hose reißt zwei millimeter weit auf und für den hauch eines moments verschwimmt mein alter. hitze, schweiß, lautstärke und das gleiche grenzwertige gefühl, dass ich auch schon mit achtzehn hatte, nur die songs sind jetzt andere. die restlichen jahre verschwimmen in einer suppe. keine erinnerungen, alles am leben. aber verschwommen. in der selben nacht schrecke ich kurz vor sonnenaufgang auf, klebe vor schweiß. wir schlafen im vierten stock einer stillgelegten lagerhalle, zwei stockwerke unter uns tobt eine hardcore-techno-party. ich muss die dämlichen "thunderdome"-werbungen erinnern, die früher immer über die mattscheibe geflimmert sind. rotterdam extermination source. auf mir liegt halb ein hoffnungslos betrunkener typ, der gerade versucht, doch noch ein bisschen körper von dem mädchen zu bekommen, das wiederum neben ihm liegt. zwei meter weiter schlägt tina einem kerl, der schnarcht, als würde er gerade an erbrochenem ersticken, mit einem meiner schuhe ins gesicht, schreit ihn an, ob er endlich mal aufhören könne. der antwortet im halbkoma: "m-m". um elf uhr morgens brechen wir auf. rotterdam pumpt noch immer kaltes blut durch aufgedunsene, weiße, hochgeschnupfte zombies. ich sehe es nicht, ich höre es.
bring on the gangshots.

schlafe zuhause noch fünf stunden. gehe arbeiten. theke. komm. das erste mal seit einer halben ewigkeit, seit januar. so wird zeit wahrgenommen. jenseits jeglicher ordnung.
morgens um halb vier werfe ich zusammen mit uwe und evi einen völlig betrunkenen typen raus, der die ganze zeit brüllt, dass er uns alle ficken wird. flaschen zerschellen, blaulichter kommen, der typ geifert und spuckt beim brüllen, die augen fast nur noch weiß, den blick kenne ich, den alkohol kann man fast sehen. als ich wieder ins komm gehe, läuft "ceremony" von joy division. walk in silence. don't walk away, in silence. see the danger, always danger, endless talking, life rebuilding, don't walk away. eineinhalb stunden später und der kerl kommt immer wieder zurück. brüllt. reißt mit aller gewalt an der verschlossenen eingangstür. im morgengrauen gehen wir nach hause. er ist endlich verschwunden, den teufel wird er selbst nicht loswerden. mit jedem mal, mit dem sein speichel beim schreien eines unserer gesichter getroffen hatte, ist er ein stück weiter nach oben gerutscht, ist was von ihm abgefallen, rausgefallen. wie schweiß kommt alkohol und wut immer irgendwann durch. als ich auf mein fahrrad steige, reißt der hosenschritt noch ein wenig weiter auf.

bring on the gangshots.

um sieben uhr morgens sitze ich in meiner küche und starre einfach nur aus dem fenster. zehnmeilenblick und ich kann nicht mehr sagen, was mich wach hält. das erlebte mich oder ich das erlebte. das ist das leben. der ständige absprung. ich denke über die allweltsweisheit "good things come to those who wait" nach und begreife für einen funken klaren verstands, dass es manchmal der stoizismus ist, der mich weiterlaufen lässt. das einsaugen und akzeptieren des erlebten. der mensch versteht sich nur im erleben seiner selbst. und muss dafür manchmal ganz still werden.
der heutige tag war geprägt von warmen und kalten emotionalen duschen zwischen euphorie, besinnung, ruhig atmender zweisamkeit, brüllen, rückzug. sich den raum zurückholen. die realität wieder unter die füße ziehen und land gewinnen. rites de passage. schwellensituationen. das reiben an der realität: separation - marge - agrégation. ein leben lang.